Wort der Woche

Wir haben in den Ruinen gespielt, ab und zu ging eine Bombe hoch. Dann waren wir einer weniger.

Florian Holsboer, Psychiater 

Herr Posselt war verzweifelt. Der Inhaber einer mittelständischen Firma für Ichweißnichtmehrwas, Spezialgummimuffen oder so, bekam in China einfach kein Bein auf den Boden. Die Prospekte, die parfümierten Visitenkarten, die opulenten Geschäftsessen führte geradeweg ins Nichts der Unverbindlichkeit. Die Chinesen, die sich sichtbar für seine Muffen interessierten, verbogen sich geradezu vor Qual, leider unter den derzeitigen Umständen keinerlei Hinweise auf die Möglichkeit der Erwägung einer Zusage sehen zu können. (Die Gewinnerin der Internationalen Deutsch-Olympiade 2008 hat mir mal geflüstert, dass sie am Deutschen vor allem fasziniere, dass es so super „unhöflich“ (sprich unverschnörkelt) sei. Vielleicht ein guter Tipp für die Sprachwerbung des Goethe-Instituts: „Kommen Sie zur Sache. Lernen Sie Deutsch!“). Beim Interkulturellen Trainingseminar für Manager, veranstaltet von der Carl-Duisberg-Gesellschaft, kam es dann endlich zur Erleuchtung. Treuherzig hatte Herr Posselt seinen Namen silbengetreu ins Chinesische übersetzen lassen, ohne vom Dolmetsch darauf hingewiesen zu werden, dass kein gesunder Chinese mit „Herrn Tote-Hose“  eine fruchtbare Geschäftsbeziehung eingehen würde. (Ähnlich erging es dem Schwermaschinenbaukombinat „Ernst Thälmann“, kurz SKET, zu DDR-Zeiten, das in Skandinavien erstmal keine Abnehmer für ihre „beschissenen“ (sket ist das schwedische Supinum zu skita = scheissen) Maschinen fanden.)

Das führt uns zu einer wichtigen Frage: Wird auch hierzulande die Wertschätzung einer Person durch seinen Nachnamen verändert?

Anders als Vornamen, deren Bedeutung, Herkunft und zukünftige Strahlkraft gerade von werdenden Eltern mit großer Inbrunst untersucht werden, um ihren Sprößlingen einen der klitzekleinen Positionsvorteile im Unterbewusstsein von Personalabteilungsleitern („Nehm ich nun die Nancy oder das Brunhild?“) zu verschaffen, werden Nachnamen in unseren Breiten normalerweise als bloßer Beifang des Lebens und ohne Erkenntniswert gesehen.

Bis auf ein paar unverbesserliche Onomasten, die auf ihren Landkarten penibel das historische Reproduktionsgeschick der jeweiligen männlichen Namensträger verfolgen (im thüringischen Schiefergebirge um Lobenstein beispielsweise unterwarfen sich die Wetzels in einem unvergleichlichen Zeugungsfuror beinahe die gesamte Fruchtbarkeit des Landstrichs, wogegen die Sippe der Recknagels im Schmalkaldischen ihren Nagel in alles reckte, was nicht bei Drei auf den Bäumen war) gelten für viele Deutsche Nachnamen als leeren Zeichen.

Trotzdem kann ich nicht umhin, von meinem Unbehagen zu berichten, welches mich beschlich, als ich unlängst einen Artikel las über die Veränderung des menschlichen Verhaltens durch Parasiten (Toxoplasma gondii), die von Katzen übertragen werden. Spannender Text eigentlich, der nahelegt, dass infizierte Männer wagemutiger und infizierte Frauen unterwürfiger sind und mit den beiden vorgenannten Eigenschaften in nachvollziehbarer Weise („He Du da! Willste poppen?“ – „Mit Dir? Jetzt sofort? Na gut. Okay! Wenn Du meinst…“)  ihre geschlechtlichen Kontakte resp. Vermehrung pushen und damit den Erreger weitertragen. Ein ganz neues Feld der Forschung und der Anmache eröffnete sich mir („Sag mal, hast Du Parasiten, Alter?“). Doch dann die Unterschrift: Eva-Maria Schnurr. Ja, Schnurr!

Nicht anders erging mir mit dem Artikel zur Kritik an neurobiologischen Hirnscans, in dem ein Professor Logothetis (seine Kollege, Herr Schölkopf wurde aussen vor gelassen) zu Worte kam.

Also echt mal: Dagegen wirkt ja die Geschichte vom Sams irgendwie – unausgedacht.

Kosmetiksalon Wüstling

In China würde frau um diesen Laden einen großen Bogen machen