Irrwege des Terrorismus: Der Zäpfchenbomber

7. Okt 2009

Wort der Woche

Ich habe Gott darum gebeten, das ich sehr hohe Sonnenblumen bekomme.

Hans-Peter Schiffer, Flugbegleiter

Obschon ich mich wirklich nicht dauerhaft in den Niederungen des Leibes aufhalten wollte, zwingt mich die Weltlage , mein Augenmerk erneut der Kehrseite zuzuwenden. Der Zäpfchenbomber hat sich den Ausdrucksformen des internationalen Terrorismus hinzugesellt. Der Zäpfchenbomber bewahrt seine tödliche Ladung im Rektum auf und kann so unentdeckt von Hund und Gerät den Sprengstoff direkt vor den Feind tragen, wo er per Mobilfunk oder Hand gezündet wird. Es ist die Arschbombe schlechthin, und einer der wenigen umgekehrten Fälle, wo eine eigentlich nur zur Veranschaulichung gedachte Wortfügung einem faktischen Apparat als Vorbild diente. Wer diese „innovative“ Idee hatte und welche Vorerfahrungen er mitbrachte, ist unbekannt. Der erste dokumentierte Fall stammt aus Saudi-Arabien, wo das Büro des Chef der Terrorbekämpfung von einem Zäpfchenbomber verwüstet wurde. Nun kann es einem Selbstmordattentäter zwar grundsätzlich egal sein, an welcher Stelle er zuerst detoniert, aber Zäpfchenbomber sind gegenüber einfachen Sprengstoffgürtelträgern in mehrfacher Hinsicht herausgefordert, wie Prokotologen ohne weiteres bestätigen werden. Eine ehrfurchtgebietende Menge Sprengstoff trägt man nicht einfach so mit sich im Schlackdarm herum. Zwar kann dieser von Natur aus einiges aufnehmen, aber ab einer bestimmten Menge Darminhalts werden etliche, eigentlich unspektakuläre Bewegungen zur Folter. So wird sich der Zäpfchenbomber in Gebieten, wo er mit dem Bus über holprige Pisten anreisen muss, nie wirklich durchsetzen, weil jedes Schlagloch eine neuerliche Prüfung für die Willensfestigkeit des künstlich verfüllten Terroristen darstellt. Es ist darüber hinaus durchaus vorstellbar, dass ein Zäpfchenbomber, dem im entscheidenden Augenblick der Zünder aus der feuchten Hand entgleitet, sich nicht imstande sehen wird, ihn wieder aufzuheben und Fremde, womöglich Polizisten um diesen Gefallen wird bitten müssen.

Sprengstoffexperten wiederum sehen den Zäpfchenbomber auch aus fachlicher Hinsicht kritisch. Da das Sprenggut Mensch selbst nicht sonderlich kompakt ist, sondern ganz wesentlich aus feuchten Bestandteilen besteht, handelt es sich bei einer normalen, radialsymmetrischen Explosion zuerst einmal um eine Riesenschweinerei. Der verursachten Schaden läßt sich kaum in politischen Dimensionen beschreiben und mästet nur Malerfirmen und Tapetenfabriken. Der Zäpfchenbomber muss also, wenn er mehr als nur „nerven“ will, sich selbst mit irgendwelchen sprengwürdigen Materialien umgeben und dabei – ohne Testmöglichkeit – sich eine ausreichende Menge Sprengstoff durch die Hintertür einführen. Irrt er dabei, widersteht der Mantel den Detonationskräften, entlädt sich die Sprengkraft nur in eine Richtung. Einen Effekt, den man von Kindergeburtstagen kennt, wenn aufgeblasene, aber offen gelassene Luftballons nur so zum Spaß los gelassen werden. Durchs Zimmer wirbelnde, oder quer aus dem Fenster schießende Terroristen können sicherlich für Verwirrung sorgen, sind aber propagandistisch jedem Flugblatt unterlegen.

Fest steht, dass der Zäpfchenbomber das Bedrohungsbild um eine weitere Facette erweitert hat und Reaktionen von seiten der Sicherheitsverantwortlichen nach sich ziehen wird. Ob die Reisetätigkeit durch die obligatorisch werdenden Enddarmuntersuchungen an Flughäfen und Bahnhöfen abflauen oder neue, bislang an Reisen desinteressierte Bevölkerungsschichten anziehen wird, bleibt eine andere Frage.